Wie Baerlocher in Lingen aus einer Krise gestärkt hervorging
Das Werk im IndustriePark gilt als Blaupause für alle Produktionsstätten von Baerlocher weltweit
Die Chemie stimmt zwischen Christian Schulze Severing und Mario Kock. Der Standortleiter und der Produktionsleiter von Baerlocher in Lingen verstehen sich. Das hilft beim Erfolg und ebenso in schwierigen Zeiten. Die heikelste Phase hatte das Chemieunternehmen 1996 zu meistern - auch heute steht es vor Herausforderungen.
Die Baerlocher-Gruppe, die sich auf Zusatzstoffe (Additive) für die kunststoffverarbeitende Industrie und der Gewinnung von Stearinsäure, Fettsäuren und Glycerin als wichtige Basisrohstoffe für die chemische Industrie spezialisiert hat, feiert 2023 weltweit ihr 200. Gründungsjubiläum an den Standorten in Asien, Nord- und Südamerika und Europa. Ein wichtiger Auftraggeber ist die Bauindustrie.
In dem global agierenden Familienunternehmen spielt Lingen eine besondere Rolle: Das 1978 in Betrieb genommene Werk im Industriepark gilt nach Unternehmensangaben als Blaupause für alle Produktionsstätten von Baerlocher weltweit, was Qualität und hohe Produktionsstandards anbelangt. Auch innerhalb der Nachhaltigkeitsstrategie von Baerlocher nimmt Lingen bei Zertifizierungen und der systematischen Berechnung eines CO2-Fußabdrucks der gesamten Produktion eine Vorreiterrolle ein.
Investitionen von Baerlocher in Lingen
„Am Standort in Lingen arbeiten derzeit 270 Menschen“, erläutert Standortleiter Christian Schulze Severing. Dazu gehört auch eine Abteilung für Ingenieursdienstleistungen, die weltweit tätig ist. „Wir investieren jedes Jahr rund fünf Millionen Euro hier“, fasst Produktionsleiter Mario Kock die Anstrengungen zur Sicherung und zum Ausbau des Standortes in Zahlen.
Jüngstes Beispiel sei die Errichtung eines neuen Forschungs- und Entwicklungslabors für 2,2 Millionen Euro, so Schulze Severing. Auf Hochtouren laufen die Planungen zur Errichtung eines neuen Feuerwehrgebäudes für die Werksfeuerwehr auf dem Betriebsgelände.
Seit 1988 im Unternehmen Baerlocher ist Mario Kock (rechts). Links Standortleiter Christian Schulze Severing.
Der Umgang mit Krisen
Nicht nur die Corona-Pandemie hat das Unternehmen vor Herausforderungen gestellt. Die größte liegt inzwischen 27 Jahre zurück. Ein Großbrand, bei dem ein Feuerwehrmann leicht verletzt wurde, beschädigte am 16. Juni 1996 das zentrale Produktionsgebäude. Der Schaden belief sich auf 50 Millionen DM. „Für 48 Stunden stellte sich damals die Standortfrage“, beschrieb Produktionsleiter Kock den Ernst der Situation.
Tatsächlich ging das Unternehmen gestärkt aus dieser Krise hervor. Zeitweilig wird die Produktion an andere Standorte in der Gruppe verlagert. Das ermöglichte auch, das Werk in Lingen grundständig zu modernisieren, zu automatisieren und so an die veränderten Wettbewerbsbedingungen anzupassen. Die enorme Fertigungstiefe ist bis heute ein Merkmal des Unternehmens. „Wir nutzen keine externen Dienstleister in der Produktion, wir machen alles selbst“, betont Produktionsleiter Kock.
Maximale Transparenz
Das Thema Sicherheit bleibt dabei nach Angaben der Unternehmensleitung immer auf der Agenda. „Wir arbeiten eng mit dem Gewerbeaufsichtsamt zusammen und versuchen uns maximal transparent aufzustellen“, erklärt Werksleiter Schulze Severing. „Wir können und wollen uns nicht wegducken, das ist nicht unser Anspruch.“
Der Hauptenergieträger bei Baerlocher ist Gas, ein Blockheizkraftwerk liefert Strom. Die Produktionsabläufe machen hohe Temperaturen notwendig. „Energie ist das Thema, ganz klar“, fasst Standortleiter Schulze Severing die aktuelle Herausforderung für das Unternehmen in einem Wort zusammen. Die Energiekosten haben sich nach Angaben von Produktionsleiter Kock inzwischen verdreifacht.
Baerlocher ist inzwischen in einen Energiedialog mit der Stadt Lingen eingetreten, erste Gespräche sind angelaufen. „Wie können wir uns nachhaltiger aufstellen?“, formuliert Schulze Severing die Ausgangsfrage. Ende 2023 soll das Konzept stehen.
Quelle: noz.de/45251621
Foto: Lingener Tagespost/NOZ