Revision in Lingen: BP investiert dreistelligen Millionenbetrag
"Botschaft für 20 bis 30 Jahre"
Für die BP-Raffinerie in Lingen bedeutet die bevorstehende umfassende Revision der Anlage in Holthausen einen wichtigen Beitrag zur Standortsicherung. Dies unterstrichen Peter Brömse, Vorsitzender der Geschäftsführung, und Geschäftsführer Bernhard Niemeyer-Pilgrim im Gespräch mit der Redaktion.
Die Raffinerie investiere im Zeitraum zwischen Mitte April und Anfang Juni einen dreistelligen Millionenbetrag, sagte Brömse. „Das macht man nicht für drei Jahre. Das ist die große Botschaft für die nächsten 20 bis 30 Jahre“, unterstrich Brömse. Die komplette Raffinerie hatte zuletzt 2006 stillgestanden. Dazwischen hatte es Teilrevisionen gegeben, bei denen andere Betriebsteile weiter produzierten.
BP Lingen hat ein Video zur aktuellen Revision veröffentlicht.
Alle Anlagen werden abgestellt
Anders ab Mitte April: Während der mehrwöchigen Revision werden alle Anlagen für erforderliche TÜV-Überprüfungen und -Abnahmen abgestellt. Die Vorbereitungen zur Revision haben nach Angaben von Niemeyer-Pilgrim bereits vor vier Jahren begonnen. Insgesamt stehen mehr als eine Million Arbeitsstunden an, in denen unter anderem die Inspektion und Wartung von 102 Kolonnen und Reaktoren, 110 Luftkühlern, 34 Öfen und 517 Wärmetauschern durchgeführt werden. Als „Kolonne“ werden in der Raffinerie säulenförmige Anlagenteile bezeichnet, die dazu dienen, Stoffgemische durch thermische Verfahren zu trennen.
45 Meter hohe Kolonne ist 300 Tonnen schwer
Eine neue, 45 Meter hohe Kolonne für die Rohöldestillation der Raffinerie ist bereits geliefert worden. Ihre Anlieferung sowie der Umschlag im Raffinerie-Hafen war minutiös geplant und verlief laut Brömse reibungslos: „Zwei Kräne standen bereit, um die knapp 300 Tonnen schwere Kolonne vom Schiff auf selbst angetriebene hydraulische Plattformen umzuladen. Auf fest präparierten Wegen erfolgte der Transport zum sogenannten Vormontageplatz im Werk, wo die Kolonne nun für den Einbau im Stillstand weiter vorbereitet wird.“
3800 externe Mitarbeiter
Um die anstehenden 250.000 Einzelaktivitäten erfolgreich umzusetzen, benötigt die Raffinerie die Unterstützung zahlreicher Fachkräfte von Fremdfirmen: 3800 externe Mitarbeiter werden in der Spitze auf dem Gelände erwartet. Die hohen Sicherheitsstandards zu garantieren und die Vielzahl der Arbeiten reibungslos, termin- und budgetgerecht abzuwickeln, hat nach Angaben von Niemeyer-Pilgrim oberste Priorität. Natürlich sind auch die 750 „Ölwerker“ in der Raffinerie in die umfassenden Revisionsarbeiten eingebunden. „Wenn es ein Riesenpfund gibt, dann ist das der Zusammenhalt und die Motivation unserer Beschäftigten“, unterstrich Brömse. Jeder habe seine Aufgabe, das schweiße zusammen, so Niemeyer-Pilgrim.
Dreistelliger Millionenbetrag
Wartungsarbeiten wie diese sind vom TÜV vorgegeben und müssen vorschriftsgemäß in festgelegten Abständen erfolgen. Sind die Anlagen zu diesem Zweck einmal runtergefahren, können in einzelnen Bereichen auch Veränderungen und Umbauten realisiert werden, die vor allem der Sicherheit, der Energieeinsparung sowie der Wirtschaftlichkeit dienen. Brömse: „Der Stillstand heißt für uns Fortschritt. Er leistet einen wichtigen Beitrag, um die Betriebssicherheit unserer Raffinerie weiter zu verbessern und zugleich die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens zu stärken.“ Niemeyer-Pilgrim verwies auf den harten Wettbewerb in der Branche. Am Ende würden die besten Raffinerien bestehen bleiben. „Wir sind eine sehr gute Raffinerie in der BP-Familie“, hob der Geschäftsführer hervor.
Mensazelt mit 1000 Plätzen bei BP in Lingen
Mit hungrigem Magen lässt sich nicht gut arbeiten. Auch nicht auf dem Raffineriegelände in Lingen. Ein Mensazelt mit rund 1000 Sitzplätzen wird deshalb während der Revision auf dem Fremdfirmengelände untergebracht. Es ist nur ein Beispiel für den Umfang der logistischen Vorbereitungen.
Die Raffinerie in Lingen pflegt seit Jahren gute Kontakte zu den Fachkräften der Fremdfirmen, die aus Deutschland und anderen europäischen Ländern kommen. Jeder bekommt nicht nur eine umfangreiche Sicherheitsunterweisung und einen detaillierten Arbeitsplan, sondern soll auch das Gefühl bekommen, willkommen zu sein, sich unter Kollegen zu befinden. Das sei der Raffinerie sehr wichtig, unterstrich Niemeyer-Pilgrim.
Rund 200 Bürocontainer, 40 Dusch- und 65 WC-Container sowie vier Umkleidezelte mit insgesamt 2000 Doppeltspinden stehen den Fachkräften der Fremdfirmen zur Verfügung. Auf der BP-Fläche im Altenlingener Forst, wo in diesem Jahr die Arbeiten zur Auslagerung von Betriebsteilen wie Verwaltung, Feuerwehr und Labore beginnen, wird außerdem ein Campingplatz für Wohnmobile etc. eingerichtet.
Einzelhandel profitiert
Der Hochbetrieb in der Raffinerie kommt nach Angaben der BP auch der Wirtschaft zu Gute: Im Revisionszeitraum werde zusätzliche Kaufkraft nach Lingen fließen, von der in erste Linie die Gastronomie und Hotellerie, aber auch der Einzelhandel profitieren würden.
Wie auch bei den in vorangegangenen Jahren erfolgten Revisionsarbeiten ist die BP bemüht, die Beeinträchtigungen für die Bewohner in Holthausen-Biene so gering wie möglich zu halten. Ganz auszuschließen werden sie aber nicht sein. Gerade in der sogenannten Ab- und Anfahrzeit der Anlagen, sprich vor und nach dem mehrwöchigen Revisionszeitraum, ist mit erhöhter Fackeltätigkeit zu rechnen. Tätigkeiten, die mit Lärm verbunden sind, sollen so weit wie möglich während des Tages erfolgen. Die BP wird auch wieder eine Hotline einrichten, ein Rundschreiben an die Haushalte verteilen und außerdem vor Beginn der Revision zu einem Infotag einladen.
Eines wird im Übrigen trotz des Stillstandes in der Raffinerie auf gar keinen Fall passieren: dass Tankstellen in der Region nicht mit Sprit beliefert werden. „Die Tanks bei uns sind rappelvoll“, meinte Geschäftsführer Bernharde Niemeyer-Pilgrim.
Die Artikel erschienen zuerst bei der Lingener Tagespost hier und hier.