Lingener E-Roller für die Metropolen
„Scooter-Sharing“ wird zum Wachstumsmarkt für die Emco-Gruppe
Rasch mit dem eigenen Fahrzeug durch die Innenstadt – ohne mühsame Parkplatzsuche am Ziel? Das geht in Metropolen oft nur mit dem Zweirad. Mit Fahrrädern, Motorrädern und neuerdings auch gemieteten Elektro-Scootern. Ein Unternehmen aus dem Emsland drängt mit seinen Elektrorollern auf diesen Markt.
Nach dem Carsharing kommt jetzt auch das E-Scooter-Sharing in Fahrt. Die Kombination aus Elektroroller und Smartphone-App macht das Geschäftsmodell in vielen Metropolen für Betreiber und Kunden attraktiv. Für die Anbieter geht es nun darum, auf einem internationalen Zukunftsmarkt zu den Ersten zu gehören.
In der Berliner Innenstadt konkurrieren ein Start-up und ein Konzern: Emmy ist seit zwei Jahren dabei und vergrößerte seine orange Flotte kürzlich auf 350 Roller. In diesem Sommer sollen weitere dazukommen. Bosch stieg 2016 mit seiner Tochterfirma Coup und mit 200 Rollern des taiwanischen Herstellers Gogoro ein; inzwischen sind es 800 Fahrzeuge, bald sollen es 1000 sein . Bosch folgt damit Schwergewichten der Autoindustrie wie Daimler und BMW, die eigene Carsharing-Dienste betreiben.
Emmys Roller liefert der emsländische Mittelständler Emco. Emmy-Mitgründer Valerian Seither nahm die Zweiräder in der Lingener Zentrale des Unternehmens persönlich unter die Lupe. Emco hat die Modelle mit stärkeren Ständern, Sturzbügeln und Spiegeln ausgerüstet: „Wir haben die Roller an die Sharing-Verwendung angepasst“, sagt Emcos Marketingchef Kay-Uwe von Hebel. Denn wie mit Mietwagen gingen Nutzer mit Mietrollern oft weniger pfleglich um als mit eigenen Fahrzeugen. Das Lingener Unternehmen, das auch Badausstattungen und Büroartikel verkauft, stellt vier unterschiedliche Rollermodelle mit Wechselbatterien in seinem Werk im chinesischen Chuzhou her.
Emco-Kunde Emmy, aber auch sein Wettbewerber Coup expandieren jetzt in andere Städte. Coup will zunächst im Sommer in Paris 600 Roller aufstellen. Emmy nahm am Pfingstwochenende in Hamburg den Betrieb auf. Eine weitere deutsche Großstadt soll demnächst folgen, kündigt Valerian Seither, an. In Stuttgart arbeitet das Start-up mit den Stadtwerken zusammen. Hersteller Emco beliefert auch den Sharing-Anbieter Yugo in Barcelona.
Smartphones und Apps haben bereits dem spontanen, kurzzeitigen Mieten von Autos und Fahrrädern zum Durchbruch verholfen. Der Elektroantrieb beschleunigt nun auch das Geschäft mit den Rollern . Die Akkus reichen für etwa 100 Kilometer, der Ladestand wird am Roller und auf der App angezeigt. Längeres Aufladen ist nicht nötig, die Betreiber tauschen in kurzen Abständen die leeren Akkus gegen volle.
Coup kassiert für die erste halbe Stunde drei Euro, kaum mehr als eine U-Bahn-Fahrkarte. Danach kosten zehn Minuten einen Euro. Emmy nimmt für eine Minute 19 Cent. Hauptzielgruppe sind laut den Vermietern die 25- bis 40-Jährigen in den Innenstädten. Eine durchschnittliche Rollerstrecke sei 5 bis 6 Kilometer lang , sagt Seither von Emmy. „Das sind klassische Wege, die man durch die Stadt hat.“
Beim Thema Sicherheit sind die Roller nicht vorbildlich. Die offenen Jethelme, die die Vermieter zu den Fahrzeugen anbieten, bieten bei Unfällen nur begrenzt Schutz. Auch die Umweltbilanz der Sharing-Dienste ist weniger problemlos, als es die Vermieter mit dem Begriff „emissionsfrei“ behaupten. Zwar stoßen die Roller in den Innenstädten keine Abgase aus. Aber Strom wird in Deutschland zu zwei Dritteln aus Kohle, Gas und Atomenergie erzeugt.
Bei Emco in Lingen verspricht man sich viel von dem Trend zu elektrischen Mietrollern. Zu Produktions- und Verkaufszahlen macht Marketingchef von Hebel keine Angaben, aber er sagt: „Business to Business“ ist im Vergleich zum Geschäft mit Konsumenten der wichtigere Markt. Damit kommen wir langsam in die Phase, in der die Stückzahlen größer werden.“
Der Artikel erschien zuerst im Online-Angebot der Lingener Tagespost und ist hier abrufbar.