Industrielle Inseln im Park

GuD-Anlage im IndustriePark Lingen mit Weltrekord

In 45 Minuten von 0 auf 540 – Dank Optimierungen in der Leittechnik

Das Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) der RWE in Lingen hat nach Darstellung der Betreiber einen echten Meilenstein erreicht: In der vergangenen Woche wurde die Anlage zum ersten Mal aufgrund von Marktanforderungen im Schnellstart angefahren – in 45 Minuten brachte sie 540 Megawatt ans Netz.


„Das ist Weltrekord“, freut sich Kraftwerksleiter Hans-Peter Flicke einer Mitteilung des Unternehmens zufolge. Die weltweit modernste GuD-Anlage sei sie bereits bei der Inbetriebnahme im Jahr 2009 gewesen. Nun sei sie – unter Marktbedingungen nachgewiesen – auch die schnellste.


Theoretisch war dieser Kaltstart – als gezielte Möglichkeit, zusätzliches Geschäft zu generieren – seit Herbst 2014 möglich. Damals wurden während der Sommermonate, in denen die GuD-Anlage aus wirtschaftlichen Gründen konserviert war, Optimierungen der Leittechnik und ein Anlagenumbau vorgenommen. Die Gasturbine kann hierdurch ohne den nachgelagerten Dampfkreislauf betrieben werden, was zu einem erheblich beschleunigten Anfahrvorgang führt. Zuvor waren für das Anfahren der 900 MW-Gesamtanlage, bestehend aus Gasturbinen und Dampfkreislauf, rund 3,5 Stunden zu veranschlagen.


In der vergangenen Woche ist diese Leistung erstmalig konkret nachgefragt worden. Und Lingen habe geliefert, teilte die RWE weiter mit. Kraftwerksleiter Flicke kommentierte nicht ohne Stolz: „Das wir nun etwa zwei Drittel der gesamten Blockleistung in nur 45 Minuten dem Strommarkt zur Verfügung stellen können, zeigt, wie flexibel unsere Anlage auf die volatile Einspeisung der erneuerbaren Energien reagieren kann.“ In der Energiewirtschaft werden Solar- und Windkraft als volatile Energieträger bezeichnet, da sie Energie je nach Tageszeit und Wetter liefern und nicht einfach planbar sind.
Das Bereithalten von Kraftwerken für den Anforderungsfall hat nach Angaben der RWE seinen Preis – das derzeitige Strommarktdesign sehe aber nur die Bezahlung von produziertem Strom vor. „Der Handlungsbedarf ist groß. Wir brauchen einen dezentralen Leistungsmarkt, mit dem das Vorhalten gesicherter Kraftwerkskapazität honoriert wird, damit hochmoderne Kraftwerke wie in Lingen auch eine Perspektive haben und die Energiewende unterstützen können“, erläuterte Flicke.

 

Dieser Artikel erschien zuerst in der Online-Ausgabe der Lingener Tagespost. Er kann hier abgerufen werden.