„Sag was, immer wieder – sonst nimmt dich niemand wahr!“ - Warum es nichts bringt, auf Ansiedlungen bloß zu warten, und wie es besser geht
Warum es nichts bringt, auf Ansiedlungen bloß zu warten, und wie es besser geht
Industriestandorte mit wirklich starker „Marke“ gibt es in Europa höchstens eine Handvoll. Am schnellsten fallen uns Handelsstädte wie Rotterdam oder Amsterdam ein. Standorte wirklich als Marken zu begreifen, hat sich vielerorts noch nicht durchgesetzt – dabei hat es sich bewährt. Das beweisen uns die Kollegen vom Tourismus-Marketing: Hier hat fast jeder Tourismus-Hot Spot Logo, Claim und Budget zum Kommunizieren.
Warum sind so wenige Industriestandorte überregional bekannt? Im Interview beantwortet Ludger Tieke diese und weitere Fragen. Tieke ist mit seinem Team für die Vermarktung des IndustriePark Lingen verantwortlich. Hier wird seit mehr als zehn Jahren mit langem Atem gearbeitet – und das zahlt sich eben aus.
IndustriePark-Lingen.de: Herr Tieke, steigen wir gleich ein: Warum sind so wenige Industriestandorte überregional bekannt?
Ludger Tieke: „Weil die professionelle Vermarktung von Industrieflächen nur selten kontinuierlich betrieben wird, um bei Investoren anzukommen, brauchen Kommunen Ausdauer und Durchhaltevermögen – das bringen viele nicht mit. Kommunen geben viel Geld für den Ausbau ihrer Gewerbeflächen aus. Sie bemühen sich um kurze Wege per LKW, Schiff und Flugzeug und sorgen für schnelle Glasfaserverbindungen. Dann aber vernachlässigen sie das Kommunizieren ihrer Vorzüge. Punktuelles Marketing ist die Folge. Vielmehr müsste aber fortlaufend und stetig das angebotene Produkt bzw. die Marke über alle Medienkanäle kommuniziert werden. Die Arbeit ist also nicht getan, wenn ein Gewerbegebiet ausgewiesen ist – sie fängt gerade erst an.“
IndustriePark-Lingen.de: Die über 55.000 Einwohner zählende Stadt Lingen (Ems) vermarktet ihren Industriepark seit über zehn Jahren fast idealtypisch. Was macht Lingen anders als andere Standorte?
Ludger Tieke: „Lingen hat viele echte Stärken. Hier entwickeln Weltmarktführer neue Produkte, Fachkräfte lernen an unserer Hochschule, junge Familien können sich Wohneigentum leisten“, sagt Tieke. Die Stadt ist attraktiv auch für die ganz großen Investoren. Genau für diese Unternehmen wollte die Stadt Anfang der 2000er Jahre ein Angebot schaffen. Wir haben also etwas, worüber wir sprechen können. Und das machen wir auch."
IndustriePark-Lingen.de: Wie entstanden die angeobtenen Flächen im IndustriePark Lingen eigentlich?
Ludger Tieke: Die Stadt legte mit einem neuen Rahmenplan für große Freiflächen südlich des Stadtzentrums den Grundstein für einen der europaweit reizvollsten Gewerbegebiete: Über 100 Hektar Fläche, davon bis zu 33 Hektar zusammenhängend, stehen Unternehmen in Nachbarschaft zum Kraftwerksbetreiber RWE und branchenführenden Mittelständlern zur Verfügung. Um die Flächen reichweitenstark vermarkten zu können und Gehör bei Investoren zu finden, wurde die Marke „IndustriePark Lingen“ kreiert. Uns war wichtig, dass wir potenzielle Investoren nicht nur identifizieren, sondern auch mit einem überzeugenden Angebot auf sie zugehen können. Dazu brauchten wir nicht nur ein überzeugendes Angebot, sondern auch eine starke Marke“.
IndustriePark-Lingen.de: Die Wirtschaftsförderer der Stadt ließen ein Konzept zur Investoren-Ansprache erstellen. Gemeinsam mit ihren Beratern identifizierten sie über 4.500 wichtige Kontakte, die heute regelmäßig angesprochen werden. Dadurch gibt es jedes Jahr mehrere Ansiedlungsanfragen, die schnell bearbeitet werden müssen. Wie laufen solche Anfragen ab?
Ludger Tieke: "Es ist immer spannend, wenn eine Anfrage reinkommt. Manchmal bleiben nur wenige Tage, um komplizierte, technische Sachverhalte zu klären. Dann müssen alle an einem Strang ziehen – von der Wirtschaftsförderung, über die Stadtwerke, bis zu den externen Dienstleistern.“
IndustriePark-Lingen.de: Der IndustriePark setzt als Marke auch eigene Themen, um sich einen Namen zu machen. Im vergangenen Jahr fand bereits zum siebten Mal das Unternehmensforum statt. Eine Veranstaltung, auf der die Verwaltung mit Unternehmen, Bürgern, Politikern und Wissenschaftlern über Zukunftsthemen diskutiert.
Ludger Tieke: Genau, so bleibt die Stadt Lingen in der Region und darüber hinaus im Gespräch. Mit der Veranstaltungsreihe setzten wir selbst Themen. Ich will den Kollegen in anderen Wirtschaftsförderungen sagen: Sag was, immer wieder – sonst nimmt dich niemand wahr!“
IndustriePark-Lingen.de: Ansiedlungen gelingen nicht auf Knopfdruck. Aber ob Investoren einen Standort wahrnehmen oder nicht, liegt immer in der Verantwortung der jeweiligen Kommune. Auch wenn in Lingen an der Ems die eine große 100-Millionen-Euro-Neuansiedlung noch nicht gelungen ist, bekennen sich die bereits angesiedelten Unternehmen vor Ort nachhaltig, immer wieder zu ihrem Standort und loben seine Vorzüge. Gab es in letzter Zeit Erfolge für den IndustriePark Lingen?
Ludger Tieke: Erfolge gab es und gibt es hier in Lingen immer wieder. Gerade in diesem Jahr wurden verschiedene Erweiterungen mit einem dreistelligen Millionenvolumen und Schaffung von weiteren mehr als 150 neuen Arbeitsplätzen bekannt gegeben. Das gelingt auch, weil aus einer Hand kommuniziert wird und die Unternehmen vor Ort ihre Ansprechpartner kennen und schnell erreichen.
IndustriePark-Lingen.de: Herr Tieke, vielen Dank für das Gespräch.